Christoph Hust: Musik und das Unheimlich ©et+k
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Sachbuch - Christoph Hust, Ivana Rentsch, Arne Stollberg: "Musik und das Unheimliche"

Bewertung:

Man kennt es vor allem aus Filmen: Wenn es in einer Szene unheimlich oder gruselig wird, gibt es oft eine passende Untermalung mit Musik, die diese Atmosphäre noch entsprechend verstärkt. Aber wie kann Musik unheimlich wirken? Diesem Phänomen geht ein neues Buch nach mit dem Titel "Musik und das Unheimliche“, herausgegeben von Christoph Hust, Ivana Rentsch und Arne Stollberg.

Lange Zeit hatte die Musik fast durchgehend die Funktion des Positiven: Ruhe, Entspannung, Heilung. Musik, verbunden mit Grusel, ist ein vergleichsweise junges Phänomen, das, von einigen früheren Beispielen abgesehen, so richtig erst im 19. Jahrhundert in Mode kam. Bestes Beispiel: die "Wolfsschluchtszene“ aus Carl Maria von Webers "Freischütz“.

Breit aufgestellt

Hervorgegangen ist das Buch aus einem Symposion an der Berliner Humboldt-Universität, und die verschiedenen Aufsätze sind thematisch sehr breit aufgestellt. Neben Erwartbarem wie Analysen zur Vokal- und Instrumentalmusik oder zum Musiktheater wird der Blick auch auf die Schauerliteratur v. a. des 19. Jahrhunderts gerichtet, auf Filmmusik, dann aber auch auf Musik für Computer- und Videospiele.

Scherzi und Klaviergrusel

Unheimliches in der Instrumentalmusik – da bieten sich die Scherzosätze so mancher Sinfonien bestens an: das ursprünglich scherzhaft Gedachte kippt so manches Mal (Gustav Mahler!) ins Abgründige.

Und in Sachen Film analysiert Janina Müller die Musik zur "Apartment-Trilogie“ von Roman Polanski, wo das Klavier als "Topos des häuslichen Musizierens“ das Behagliche der häuslichen Umgebung ins Unheimliche kippen lässt.

Analytisch stark

Verdienst dieser Publikation ist es, ein Phänomen, das vermutlich alle schon (nicht nur) einmal erlebt haben, in seinen genauen Parametern darzustellen. Wann, warum und in welchen Kontexten wirkt Musik unheimlich, und vor allem: wodurch genau? Das wird sehr gründlich und präzise analysiert und hinterlässt einen starken Eindruck.

Schön ist auch der Blick auf die Anfänge des Computerzeitalters, wo ein neuer Soundchip, ein immerhin 3stimmiger digitaler Synthesizer mit analogen Bauteilen, für ein Horrorcomputerspiel einen Soundtrack aus u. a. Gewitterszenen, Wolfsgeheul, Imitationen von Blockflöte und Cembalo herstellen konnte. Lange ist’s her…

Andreas Göbel, rbbKultur