"Pepe" von Nelson Carlos De Los Santos Arias © Monte & Culebra
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Doku-Drama | Berlinale Wettbewerb - "Pepe"

Bewertung:

Ein Nilpferd als Hauptfigur - das hat es bislang auf der Berlinale nicht gegeben. Nelson Arias‘ Doku-Drama beschäftigt sich mit einem Tier, das gegen seinen Willen von einem Kontinent auf den anderen verpflanzt wird – mit unabsehbaren Konsequenzen.

Der kolumbianische Drogenbaron Pablo Escobar war zu seinen Lebzeiten einer der reichsten und einflussreichsten Männer Südamerikas. Auf seiner Hacienda Nápoles am Rio Magdalena unterhielt "Don Pablo" unter anderem einen umfangreichen Privatzoo, für den er Tiere aus aller Welt importieren ließ – unter anderem auch vier Nilpferde aus Namibia.

Problem-Nilpferd

Diese Geschichte bildet den Ausgangspunkt für "Pepe", den vierten Langfilm des dominikanischen Dokumentar- und Spielfilmregisseurs Nelson Carlo de los Santos Arias. Seine Hauptfigur ist ein Nachkomme jener Nilpferde, die nach dem Tod Escobars 1993 am Rio Magdalena ausgewildert wurden. "Pepe" treibt jahrelang in den Mangrovenwäldern am Fluss sein Unwesen als "Problem-Nilpferd", bevor das Tier schließlich von einer Spezialeinheit des Militärs erschossen wird.

Multiperspektivische Erzählweise

Mit Hilfe von Spielszenen, dokumentarischen Aufnahmen, alten Fernseh-Schnipseln aus den 90er Jahren und Zeichentrickfilmen erzählt Nelson Arias Pepes Geschichte. Manchmal ist das Bild auch einfach nur schwarz und man hört Pepe aus dem Off sprechen - abwechselnd Spanisch und Afrikaans, weil das Tier zwar in Kolumbien lebt, aber im Kopf immer noch in Namibia zu Hause ist. Bei diesem inneren Monolog werden ganz unterschiedliche Themen angesprochen: Abschied, Entfremdung und die Suche nach Heimat. Pepe, so scheint es, wird zum Symbol für all diejenigen, die durch Kolonialismus und Imperialismus ihre Wurzeln verloren haben.

"Pepe" von Nelson Carlos De Los Santos Arias © Monte & Culebra
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Der Film verliert seinen Fokus

Doch der enge Fokus auf das Nilpferd geht im Laufe des Films verloren. Mehr und mehr wird das Geschehen auf dem Bildschirm von Spielszenen dominiert: Deutsche Safari-Touristen in Namibia sehen wir da beispielsweise, die Fischer am Rio Magdalena, bei denen Pepe für Unruhe sorgt und schließlich die Soldaten, die im Auftrag der Regierung Jagd machen auf das Tier.

Hausbacken inszeniert

Das ist mitunter recht hausbacken inszeniert und es wird auch nicht wirklich klar, welche Relevanz diese Szenen für die Aussage des Films haben. Wer sind die beiden kiffenden jungen Männer, die die Nilpferde in ihrem Lastwagen auf die Hacienda Nápoles bringen? Warum schauen wir eine gefühlte Ewigkeit einem kolumbianischen Fischer und seiner Frau bei ihrem Ehestreit zu? Und: Warum spricht der Großwildjäger, der am Ende den tödlichen Schuss auf Pepe abgibt, auf einmal Deutsch?

"Wenig klassifizierbar" oder unverständlich?

Als am "wenigsten klassifizierbaren" Film im diesjährigen Wettbewerb hatte Berlinale-Leiter Carlo Chatrian "Pepe" bei der Vorstellung seines Programms angekündigt. Vielleicht hätte er noch hinzufügen sollen: " ... darüber hinaus auch einer der Unverständlichsten".

Carsten Beyer, rbbKultur

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